Realverbände
Die Realverbände verwalten die gemeinschaftlichen Angelegenheiten innerhalb ihres Gebietes und das Verbandsvermögen (z.B. Wege, Forst, Gewässer), das sich im Eigentum des Realverbandes befindet. Dies hat sowohl für die Kommune als auch für den Realverband Vorteile. Die Gemeinden werden organisatorisch und finanziell entlastet. Die Mitglieder des Realverbandes hingegen können die gemeinschaftlichen Aufgaben sachgerechter, an der Problemstellung orientierter und ggf. auch günstiger z.B. durch eigene Gerätschaften erledigen. Der Realverband kann gegenüber seinen Mitgliedern öffentlich-rechtlich tätig werden. Nach außen handelt er jedoch stets privatrechtlich.
Grundlage für Realverbände ist das Realverbandsgesetz (RVG) zusammen mit der Satzung des jeweiligen Realverbandes.
Die Satzung
Jeder Realverband gibt sich eine Satzung. Diese muss mindestens enthalten:
- den Namen und Sitz des Verbandes,
- Bestimmungen über die Anlage eines Vermögensverzeichnisses, das die hauptsächlichen Gegenstände des Verbandsvermögens enthalten muss,
- Bestimmungen über die Anlage eines Mitgliederverzeichnisses, aus dem die Teilnahmerechte und die Pflichten sowie die Stimmrechte der Mitglieder zu ersehen sind,
- Bestimmungen über die Organe des Verbandes, ihre Zusammensetzung, Berufung oder Einberufung und ihre Befugnisse.
Die Satzung und auch Satzungsänderungen werden erst wirksam, nachdem sie von der Mitgliederversammlung beschlossen und von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurden.
Die Mitglieder
Mitglieder des Realverbandes sind diejenigen, die Anteile des Realverbandes besitzen.
Die Mitglieder dürfen das Verbandsvermögen nutzen, sind aber auch zu den damit verbundenen Lasten (z.B. Zahlen von Beiträgen) verpflichtet. Der Umfang der Nutzung und Lasten richtet sich in der Regel nach dem Flächenverhältnis der Grundstücke.
Die Aufsichtsbehörde
Der Landkreis Oldenburg ist Aufsichtsbehörde für Realverbandsangelegenheiten.
Der Vorstand
Der Vorstand besteht in der Regel aus dem ersten Vorsitzenden, dem zweiten Vorsitzenden und dem Schriftführer, die für sechs Jahre in ihr Amt gewählt werden. Die genaue Zusammensetzung ist in der Satzung festgelegt. So kann z.B. auch der Kassenführer Mitglied des Vorstandes sein.
Der Realverband wird durch den Vorstand vertreten. Der Vorstand ist insbesondere zuständig für die Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung, die Verwaltung des Verbandsvermögens und Aufgaben, die nicht ausdrücklich der Mitgliederversammlung vorbehalten sind. Der Vorstand hat das Recht, eine Aufwandsentschädigung zu erhalten.
Der Vorstand wird so oft es die Geschäftslage erfordert in der Regel schriftlich unter Angabe der Tagesordnung mit einer in der jeweiligen Satzung festgelegten Frist geladen. Die Beschlüsse werden in offener Abstimmung mit der Mehrheit der auf Ja oder Nein lautenden Stimmen (nicht Stimmrechte!) gefasst. Bei Stimmengleichheit ist die Angelegenheit abgelehnt. Zum Abschließen von Rechtsgeschäften wie Verträge oder Aufträge, durch die der Realverband z.B. zu einer Zahlung verpflichtet wird, sind nur sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinsam befugt, es sei denn die Satzung bestimmt, dass der erste oder zweite Vorsitzende zusammen mit einem weiteren Vorstandsmitglied befugt sind.
Die Mitgliederversammlung
Die Mitgliederversammlung besteht aus allen Mitgliedern des Realverbandes. Sie soll einmal jährlich durch den ersten Vorsitzenden einberufen werden. Findet sie nicht statt, so kann jedes Mitglied verlangen, dass die Aufsichtsbehörde die Mitgliederversammlung einberuft.
Die Aufgaben der Mitgliederversammlung sind breit gefächert. Sie bestehen mindestens aus den in § 22 Absatz 1 Realverbandsgesetz enthaltenen Angelegenheiten, können aber auch durch die Satzung weiter ergänzt werden.
Jedes Mitglied kann bei der Beschlussfassung im Rahmen seines Stimmrechtes teilnehmen. Das Stimmrecht ergibt sich aus der Größe des Grundstückes, dessen Eigentümer das Mitglied ist. Dabei darf kein Mitglied mehr als 2/5 aller Stimmrechte besitzen. Darüber hinausgehende Stimmrechte fallen weg.
Die Mitglieder können sich in der Mitgliederversammlung vertreten lassen. Die Vollmacht bedarf der Schriftform. Ehegatten oder volljährige Kinder / Enkel / Urenkel dürfen ein Mitglied auch ohne Vollmacht vertreten, solange das Mitglied gegenüber dem Realverband keine gegenteilige schriftliche Erklärung abgegeben hat. Auch der Vertreter darf – selbst wenn er mehrere Mitglieder vertritt – nicht mehr als 2/5 aller Stimmrechte vertreten.
Die Mitgliederversammlung kann Beschlüsse nur fassen, wenn die Mitglieder mindestens eine Woche vor der Sitzung eingeladen worden sind. Der Einladung muss die Tagesordnung bereits beigefügt sein. Bei Realverbänden mit mehr als vier Mitgliedern müssen mindestens drei, bei Realverbänden mit weniger Mitgliedern mindestens zwei Mitglieder oder deren schriftlich bevollmächtigte Vertreter anwesend sein. Ist dies der Fall, kommt ein Beschluss zustande, wenn die Mitglieder, die für den Beschluss gestimmt haben, mehr Stimmrechte besitzen als diejenigen, die gegen ihn gestimmt haben (einfache Mehrheit). Nur in Ausnahmefällen wie z.B. Beschlüsse über die Satzung bzw. Satzungsänderungen oder die Entlassung eines Mitgliedes, darf nur abgestimmt werden, wenn 2/3 aller Stimmrechte anwesend oder vertreten sind, und wird der Beschluss angenommen, wenn mehr als die Hälfte aller (nicht nur der anwesenden) Stimmrechte dafür gestimmt haben.
Bei Beschlüssen über die Abberufung und Entlastung des Vorstandes, Beschlüssen über eine pauschalierte Aufwandsentschädigung für den Vorstand und Beschlüssen über den Verzicht auf Ansprüche oder die Stundung von Ansprüchen gegen Vorstandsmitglieder dürfen betroffene Vorstandsmitglieder nicht mit abstimmen.
Bei Beschlüssen über die Verfügung über Grundstücke und dingliche Rechte sowie die Verpflichtung zu solchen Verfügungen, bei Beschlüssen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts an einem Verbandsanteil, Beschlüssen über eine Vereinbarung über die Entlassung eines Mitgliedes und Beschlüssen über die unentgeltliche Übertragung von Verbandsvermögen auf Mitglieder darf das am Vertragsabschluss beteiligte Mitglied nicht abstimmen. Der vom Abstimmungsverbot Betroffene darf sich weder vertreten lassen noch als Vertreter abstimmen. Die verbleibenden Stimmrechte treten an die Stelle aller Stimmrechte.
Die Tagesordnung
Die Tagesordnung wird vom Vorstand aufgestellt. Die Mitglieder können verlangen, dass ein bestimmter Punkt in die Tagesordnung aufgenommen wird, soweit dieser Belange des Realverbandes betrifft und das Verlangen nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist
Die Vorstandswahl
Die Vorstandswahl findet alle sechs Jahre statt. Die meisten Satzungen sehen vor, dass das älteste anwesende und dazu bereite Mitglied die Wahlleitung übernimmt. Jedes Vorstandsmitglied wird von der Mitgliederversammlung in getrennten Wahlgängen gewählt. Auch hier wird die einfache Mehrheit aller Stimmrechte benötigt.
Die Entlastung
Die Mitgliederversammlung entscheidet mit einfacher Mehrheit über die Entlastung von Vorstand und Rechnungsführer.
Die Entlastung drückt das Einverständnis der Mitgliederversammlung gegenüber den vom Vorstand geführten Geschäften und die daraus resultierende Jahresabrechnung aus.
Stimmt die Mitgliederversammlung gegen eine Entlastung, so hat dies keine rechtliche Wirkung, sondern stellt zunächst einen Anlass zu einer Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde dar. Ein neuer Vorstand darf dennoch gewählt werden.
Die Verkehrssicherungspflicht
Der Realverband ist verkehrssicherungspflichtig. Er hat also diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach objektiven Sicherheitserwartungen erwartet werden können und wirtschaftlich zumutbar sind. Maßstab ist das, was ein vernünftiger Verkehrsteilnehmer ohne Berücksichtigung unvermuteter und überraschender Gefahrenlagen an Sicherheit erwarten darf.
Beispiel:
Auf Wegen dürfen keine Löcher, Ausspülungen o.ä. erhalten bleiben, durch die ein Radfahrer zwangsläufig zu Fall kommen muss, selbst wenn er sich angemessen verhält. Dabei sind die Anforderungen an den Zustand innerörtlicher Wege höher als bei abgelegenen Wegen. Sie steigen auch, sofern öffentlicher Verkehr (stillschweigend) geduldet wird.
Werden die Verkehrssicherungspflichten nicht ausreichend erfüllt, haftet der Realverband für einen dadurch entstandenen Schaden. Eine persönliche Haftung des Vorstandsmitgliedes kommt lediglich in Betracht, wenn es vorsätzlich gehandelt hat.
Die Sondergenehmigung
Die Nutzung des Verbandsvermögens durch Nicht-Mitglieder und die übermäßige Nutzung des Verbandsvermögens durch Mitglieder bedarf der Genehmigung durch die Mitgliederversammlung. Für die Nutzung können Sonderbeiträge verlangt werden (§ 29 Abs. 2 S. 2 RVG). Würde eine übermäßige Nutzung die Substanz schädigen, etwa durch Befahren der Wege durch zu schwere Fahrzeuge, ist die Genehmigung zu versagen.