Der Landkreis Oldenburg erlässt gem. §§ 32, 34, 127 Abs. 2 S. 1, 128 Abs. 1, 129 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) in Verbindung mit §§ 25, 100 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG) die folgende Allgemeinverfügung:
1. Das Befahren der Hunte in den Bereichen zwischen „Wildeshausen“ bis „Ölmühle“ und „Ölmühle“ bis zur „Dehlandsbrücke“ sowie von der „Dehlandsbrücke“ bis „Astrup“ (siehe jeweils die Anlagen) wird für den Zeitraum vom 16.06.2024 bis zum 09.08.2024 verboten.
2. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 wird angeordnet.
3. Die Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekanntgegeben.
Begründung:
Zu den Verfügungsziffern Nr.1 und Nr. 2:
Bis zum 15. Juni eines jeden Jahres ist das Befahren der hier gegenständlichen Gewässerabschnitte bereits durch die Verordnung des Landkreises Oldenburg vom 16.10.2000 zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup (Amtsblatt Reg.-Bez. Weser-Ems Nr. 46, S.1006, vom 17.11.2000) zuletzt geändert durch Art. 1 § 3 der VO vom 26.02.2002
(Amtsblatt Reg.-Bez. Weser-Ems Nr. 13, S. 346) verboten.
Das Hochwasser der Jahreswende 2023/2024 hat bekanntlich auch auf und am Uferbereich der Hunte eine Vielzahl von Schäden verursacht. Diese Schäden zeigen sich unter anderem durch die in die Hunte eingefallenen Bäume und abgebrochenen Uferkanten. Weiter stellt die Wiederherstellung auch ein Problem in zeitlicher Hinsicht dar, da die Gefahrstellen für diese notwendigen Unterhaltungsarbeiten nur schwerlich zugänglich sind.
In den von dieser Allgemeinverfügung betroffenen Streckenabschnitten der Hunte (siehe jeweils die Anlagen) bestehen damit aktuell noch immer erhebliche Gefahrenlagen durch mehrere, im Zuge des Hochwassers umgestürzte Bäume. Diese Bäume liegen quer im Gewässer und verfügen über dicht belaubte Baumkronen mit dichter Verästelung. Hinzu kommt, dass teilweise nicht nur ein Baum, sondern mehrere Bäume quer im Wasser liegen.
Folglich sind die benannten Streckenabschnitte aktuell nicht sicher befahrbar.
Diese Situation ist, auch nach Rücksprache mit dem für diese Gewässer unterhaltungspflichtigen Verband, der Hunte-Wasseracht, dahingehend zu bewerten, dass eine Verkehrssicherheit in diesen Bereichen aktuell nicht gegeben ist. Die Hunte-Wasseracht hat eindringlich darauf hingewiesen, dass sie ab dem 16.06.24 die Verkehrssicherheit in ihren Gewässern nicht zu gewährleisten vermag. Entsprechende Hinweisschilder sind bereits an den Anlegern vom Verband aufgestellt worden. Mithin besteht im Falle eines Befahrens der benannten Streckenabschnitte momentan potentiell die Gefahr von Unfällen und lebensbedrohlichen Situationen für die Befahrenden. So könnten die Befahrenden bspw. vor den Bäumen kentern und über die Sogwirkung unter die Baumstämme bzw. die Kronen gelangen.
Da die oben benannten Gefahrensituationen ersichtlich über den 15.06.2024 hinaus gegeben sein werden, ist nach pflichtgemäßen Ermessen auch ab dem 16.06.2024 ein Befahrungsverbot für die hier konkret behandelten Streckenabschnitte unumgänglich, um den benannten Gefahren hinreichend begegnen zu können. Hierbei ist allerdings eine Priorisierung hinsichtlich der Beseitigung der gefährlichen Hindernisse und Gefahrenquellen in den Streckenabschnitten gegeben.
So wird zuerst in dem Streckenabschnitt zwischen „Wildeshausen“ bis „Ölmühle“ von der Hunte-Wasseracht die Verkehrssicherheit und damit auch die Verkehrsfähigkeit wiederhergestellt, indem mindestens eine Schneise von 5-6 Metern in den jeweils eingefallenen Baum geschlagen wird. Diese Schneisengröße ermöglicht eine Reduzierung der verdichteten Gefahrenlage und damit des gesteigerten Risikos der selbigen zurück auf das übliche Maß des, mit dem Betreiben von Wassersport natürlich einhergehendem, allgemeinen Lebensrisikos.
Sobald der Streckenabschnitt „Wildeshausen“ bis „Ölmühle“ dementsprechend unterhalten wurde, wird er wieder freigegeben, indem diese Allgemeinverfügung insoweit unverzüglich (d.h. zum nächstmöglichen Zeitpunkt) aufgehoben wird.
Im Anschluss wird bzgl. des Streckenabschnittes „Ölmühle“ bis zur „Dehlandsbrücke“ ebenso verfahren.
Auch hier werden alle Bestrebungen dafür ins Werk gesetzt, so früh wie möglich eine Befahrbarkeit wiederherzustellen, welche sich im Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos bewegt und daher keinerlei Eingriffsregelung mehr bedarf. Dementsprechend wird diese Allgemeinverfügung auch bzgl. dieses Streckenabschnittes umgehend aufgehoben insoweit werden, sobald die Hunte-Wasseracht die entsprechende Mitteilung macht.
In Bezug auf den letzten Streckenabschnitt von der „Dehlandsbrücke“ bis „Astrup“ ist festzuhalten, dass von dem unterhaltungspflichtigen Verband aus naturschutzrechtlichen Gründen erst ab dem 15.07.2024 (also nach dem Ende der Brut- und Setzzeit) mit den Unterhaltungsmaßnahmen begonnen werden kann. Dennoch gilt auch hier, dass diese Allgemeinverfügung -dann abschließend- aufgehoben werden wird, sobald die Lage dies hergibt.
Zur Bewältigung der Gefahrbeseitigung auf den benannten Streckenabschnitten ist aktuell insgesamt der Zeitraum vom 16.06.2024 bis zum Ablauf des 09.08.2024 vorgesehen.
Ein Zuwarten ist der unteren Wasserbehörde nicht zumutbar, da eine gefahrlose Ausübung des Gemeingebrauches in den betroffenen Gewässerabschnitten ersichtlich gegenwärtig nicht gegeben ist. Es besteht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben, wenn Personen die betroffenen Gewässerabschnitte mit Booten und/oder sonstiges Schwimmkörpern jeglicher Art befahren. Diese Gefahr bestünde im Falle eines Rettungseinsatzes auch für etwaige Rettungskräfte und helfende Dritte. Dementsprechend muss der Gemeingebrauch zum Wohle der Allgemeinheit i.S.d. § 34 NWG befristet verboten werden.
In einer Gesamtschau ist die vorliegende Allgemeinverfügung nach § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) in Verbindung mit § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) geeignet, das Befahren der betroffenen Gewässerabschnitte zu unterbinden und so die oben benannten Gefahren für Leib und Leben von vornherein auszuschließen.
Ferner ist sie angesichts der hohen Bedeutung der vorliegend bedrohten Rechtsgüter auch erforderlich sowie angemessen, da bspw. bloße Warnungen oder Hinweisschilder erfahrungsgemäß nicht von allen potentiellen Nutzern des Gewässers beachtet werden. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Eine Beschränkung auf spezielle Fortbewegungsmittel oder auf ungeübte Befahrende scheitert bereits an der hier aufgezeigten Gefahrenlage, die es nicht ermöglicht, bei den hier zu schützenden Rechtsgütern unterschiedlich zu verfahren, da allgemeingültige Kriterien für die Sicherheit auf dem Wasser in der gegebenen Gefahrensituation nicht aufgestellt werden können. Der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit steht hier der Ausübung der persönlichen Freiheit gegenüber, wobei aufgrund der aktuellen und akuten Gefahrenlage das private Interesse etwaiger Gewässernutzender zurückstehen muss.
Überdies ist eine für die Betroffenen unzumutbare Einschränkung ihres Rechts auf Naturgenuss und Ausübung des Gemeingebrauches aufgrund der hier geregelten zeitlichen Befristung des Befahrungsverbots sowie der Aufhebungsmöglichkeiten dieser Allgemeinverfügung, sobald die Gefahrensituation im jeweiligen Streckenabschnitt beseitigt wird, nicht gegeben. zu erwarten.
In einer abwägenden Gesamtschau ist diese Allgemeinverfügung daher verhältnismäßig.
Die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erfolgt im öffentlichen Interesse.
Aufgrund der vorliegenden Gefahren für die Allgemeinheit, insbesondere für Leib und Leben, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügungsziffer 1. von besonderem öffentlichem Interesse, da die Effektivität der Gefahrenabwehr, im Gewand des eingeschränkten Gemeingebrauches, hier für ein Gelingen der selbigen von ausschlaggebender Bedeutung ist. Die Gefahrenabwehr kann sich nur dann erfolgreich umsetzen, wenn ein Zuwarten auf den Abschluss etwaiger Vorverfahren und/oder Rechtsbehelfsverfahren nicht erforderlich ist.
Im Ergebnis der vorzunehmenden Abwägung muss das private Interesse der Gewässernutzer an einer aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs insgesamt (auch) aus diesen Gründen zurückstehen. Andernfalls wäre der intendierte Schutz des öffentlichen Interesses nicht sach- und zeitgerecht zu erlangen.
Einer Anhörung bedarf es nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG nicht.
Zur der Verfügungsziffer Nr. 3:
Die Allgemeinverfügung kann gem. § 41 Abs. 4 VwVfG frühestens am Tag nach ihrer Bekanntgabe in Kraft treten.
Hinweis: Die grafischen Darstellungen der betroffenen Streckenabschnitte sind in der Anlage (sh. unter "Dokumente") abrufbar.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Landkreis Oldenburg, Delmenhorster Str. 6, 27793 Wildeshausen erhoben werden.
Wildeshausen, der 14.06.2024
Dr. Christian Pundt
Landrat des Landkreises Oldenburg